Folge 5: Unter dem Messer

27. März 2016, Kantonsspital Baden, Schlosserei

Zu all den unbekannten Reisedrogen kommt jetzt im Spital eine weitere Narkose dazu. Ihr könnt euch denken was jetzt kommt: Wieder nur zwei Bilder. Dass ich genau heute unter dem Messer liege, erfahre ich erst später.

  1. Die Pflegerin legt mir einen Knopf in die rechte Hand. Die kann ich noch spüren, die andere nicht. Jedesmal, wenn ich den Knopf drücke – so die Pflegerin – fliesse eine kleine Dosis Opiat in meine Venen. «Die Intervalle sind auf 10 Minuten eingestellt. Später vergrössern wir den Abstand», sagt sie. Ich glaube, das haben sie dann vergessen. Ich drückte ständig aufs «Knöpfchen». Und wieder: Ich fühlte mich vollkommen wohl, keine Bedürfnisse, keine Langeweile, kein Zeitgefühl, keine Erinnerung. Schwereloses gleiten im unendlichen Raum-Zeit-Kosmos. Oder so.
  2. Mein Vater steht am Bett. Ich habe ihn viele Jahre nicht mehr gesehen. Ob und was wir reden, weiss ich nicht.

Die komplette Diagnose folgt. Welch unendliches Glück ich habe, kann ich in diesem Moment noch nicht ahnen. Hier kleiner Überblick aus der Badener Schlosserei.

  • Vier zertrümmerte Halswirbel (Foto oben)
  • Zwei zerborstene Rückenwirbel
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    Das hält: Verschraubte Rückenwirbel. Foto: Rehab Basel

Zerquetschtes Rückenmark mit Teilbeschädigung der «Leitungen» vom Gehirn in den Körper hinaus. Ein paar Sachen sind für immer kaputt. Viele funktionieren aber noch. Zum Glück die Beine! Ich habe meine Beine jederzeit gespürt. Irgendwie.

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Tetraplegie inkomplett oder Tetraparese: Wäre diese Stelle durchtrennt, könnte ich (vielleicht) noch die Augen bewegen. Zum Glück ist sie «nur» zerdrückt. Foto: KSB

Und hier noch ein übersichtlicheres Bild.

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Zerdrücktes Rückenmark im Hals. Aber ich kann gehen! Foto: KSB

Die nächsten Folgen:

30. März: Die schlimme Diagnose – Aber wo bleibt der Schock?
02. April: So fühlt sich der Tod an
04. April: Rehab Basel – Mein neues Zuhause für den bevorstehenden Sommer

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