Folge 8: Rehab Basel – Mein neues Zuhause

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Zur Ruhe kommen und alltägliche Dinge wieder lernen: Es beginnen die langen Monate der Rehabilitation in der Rehab Basel.

Im Laufe des Nachmittags werde ich in Basel angeliefert. Liegend, mit den Beinen voran, schieben sie mich durch die Gänge. Mein roter Rücksack, mein Handgepäck aus dem Flieger, liegt neben mir auf der Bahre. Ich halte ihn so fest ich kann. Es ist im Moment alles was ich habe.

Erstmals denke ich an Chatzalp und meine 8 Katzen. Ich war schon fast drei Monate nicht mehr Zuhause. Mein Neffe Janis schaut zu Haus und Garten. Er tut das bestimmt gut.

Und meine Glückswelle geht weiter. Ich werde direkt neben dem Raucherraum in einem Zweierzimmer untergebracht. Mein Nachbar ist ein junger Paraplegiker aus dem Kanton Freiburg. Er redet während Tagen kein Wort.

Ich sehe erstmals meine Ärztin Dr. Stéphanie Garlepp. Auf meine Frage, wie lange ich den hier bleiben werde meint sie in ihrer unnachahmlich fröhlichen Art: „Sie werden den Sommer mit uns verbringen, Herr Ferraro. Mindestens». Oha, das könnte also dauern.

Mein Hals und meine Brust sind immer noch fixiert. Ich bekomme einen neuen Halskragen, den ich jetzt drei Monate tragen muss. DREI MONATE! Die Bewegungsfreiheit ist Null, auf dem Rücken liegen fast unmöglich. Es ist schwer sich an das Scheissding zu gewöhnen. Wir stehen vom ersten Tag an auf Kriegsfuss.

Die Station vier ist wie eine WG organisiert. Irgendwann trete ich zum ersten Mal an den gedeckten Essenstisch. «Welches ist mein Platz?», frage ich und bekomme lachend zur Antwort, «nehmen Sie einen mit Stuhl». Ich blicke auf und sehe erste jetzt: Es hat zwölf Gedecke und nur zwei Stühle. Alle anderen kommen geholpert, werden gestossen oder begeben sich sonst mit Räder aller Art zu Tische. Es wird nicht viel geredet bei Tisch. Viele haben Schmerzen.

Mir wird vom ersten Tag klar: Ich gehöre hier zu den Privilegierten. Meine ersten Ziele der Physiotherapie ergeben sich schon am Tisch: Die rechte Hand zum Mund führen, ohne Röhrchen trinken, ohne Hilfe Fleisch zerschneiden. Ich werde auch wieder lernen müssen, einen Kugelschreiber zu führen, die Schuhe zu binden und ein Hemd anzuziehen.

Das alles wird dauern. Und dann wird es eine ganze Menge Sachen geben, die ich nie mehr werde tun können. Davon ahne ich jetzt noch nichts. Ich warte noch immer bis das Gefühl in die Arme zurück kommt und ich wieder spüre, was ich anfasse.

Aber ich spüre sofort: Hier werde ich gute Monate verbringen. Es sollte schliesslich auch so kommen.

Nächste Folge:
9. April: Eine neue Freundin – Die Zeit

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