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«Ritalin-Fredi»: Ein Herz für Loser 

 

Fredi: Seine Blicke kreuzen sich im Nirgendwo.
Fredi: Seine Blicke kreuzen sich im Nirgendwo.

Was für ein grässliches Wort: «Zuchtausschuss». Mit diesem Stempel ist Fredi zu mir gekommen. Für Ausstellungen sei er nicht zu gebrauchen. Zu nervös, meinte der Züchter. Die Fell-Zeichnung geht am Rücken von Punkten in Striche über. Sieht aus wie ein verwaschener Schneeleopard. Aber Fredis grösster defekt: Er schielt. Die Blicke aus seinen azzurrblauen Augen kreuzen sich vor seinem Gesicht.

Sein Blick fixiert niemals etwas. Als Jäger ist Fredi eine Null. Sogar den drei Monate alten Babys muss er am Fressnapf den Vortritt lassen. Kurz: Fredi, der reinrassige Bengal-Kater mit edler Abstammung ist ein Loser. Und damit ein Fall für Chatzalp.

Als Jäger ist Fredi eine Null.
Als Jäger ist Fredi eine Null.

Er ist nicht besonders clever. Und wenn er sich überschwänglich freut – und das ist jetzt die Höchststrafe! – verhält er sich wie ein Hund! Er tänzelt nervös um mich herum, wedelt mit dem Schwanz. Und verpasst vor lauter Aufregung oft die Mahlzeit. Wegen seinem nervösen Gezappel hat er sich rasch den Übernamen «Ritalin-Fredi» eingehandelt. Bis sich Fredi beruhigt hat, leckt sich der Rest der Bande schon die Mäuler.

Aber Fredi ist ein Charmebolzen. Er ist nach nur drei Jahren in den Rang einer Familienkatze aufgestiegen. Das heisst: unverkäuflich. Er wird den Rest seines Lebens mit uns auf Chatzalp verbringen. So er denn will.

Seinem Charme erliegt jeder: «Ritalin-Fredi».
Seinem Charme erliegt jeder: «Ritalin-Fredi».

Gerade jetzt im Frühsommer, wenn der Nachwuchs noch im Haus ist, macht sich Fredi rar. Mama Kaya macht Terror, die Kleinen nehmen ihn nicht ernst und Aufmerksamkeit gibts auch kaum. Manchmal kommt er nur drei bis vier Mal pro Woche heim. Vermutlich hat er irgendwo in der Nachbarschaft seinen Charme spielen lassen und sich hie und da eine Mahlzeit «erschielt».

Ja, ich muss grad um meinen «Ritalin-Fredi» kämpfen. So ist er jedes Mal, wenn er heimkommt, meiner Aufmerksamkeit gewiss. Ich springe auf, füttere ihn und trockne ihn ab, wenn er nass ist. Aber Moment. – Wer genau ist hier nicht besonders clever? Ich wette hier und jetzt: Sobald die Kleinen weg sind wird Fredi wieder täglich hier rummlümmeln. Der Kerl hat bloss eine Ferienwohnung.

Unverkäuflich: Fredi hat sich den Rang einer Familienkatze erarbeitet.
Unverkäuflich: Fredi hat sich den Rang einer Familienkatze erarbeitet.
Immer auf dem Sprung: Fredi ist hektisch und nervös.
Immer auf dem Sprung: Fredi ist hektisch und nervös.

Wenn es klingelt ist der Vogel tot

Katzen sind Schleichjäger
Katzen sind Schleichjäger.

Nie im Leben würde ich meinen Katzen ein Glöcklein um den Hals binden. Niemals! Natürlich liegt mir die gesamte Natur am Herzen. Dazu gehören auch die Beutetiere der Katzen: Insekten, Mäuse, Frösche, Blindschleichen und …. Vögel. Vom herzigen Singvögelchen bis zur lästigen Krähe: Da machen meine Bengalen keinen Unterschied.

Die Chatzalp liegt idyllisch in einer kleinen Talsenke zuoberst auf dem Mutschellen. Ganz am Dorfrand, nahe des Waldes. Und der Rummelbach, der durchs Land fliesst, ist ein wunderbarer Lebensraum für allerlei Amphibien und Reptilien. Auf der Wiese des Nachbars weiden Kühe und der wilde Garten ist ein Paradies für Vögel. Konflikte sind hier vorprogrammiert.

Schon mit wenigen Monaten bringen die Bengalen Beute heim, hier eine Maus.
Schon nach wenigen Monaten bringen die Bengalen Beute heim, hier eine Maus.

Der Vogelschutzverein kam ganz behutsam und irgendwie sympathisch. Eines Abends fand ich einen Hochglanzbüchlein mit Bildern der hiesigen Vogelwelt im Briefkasten. Ja, ich sollte sehen, was meine Katzen so killen. Etwas später schlug mir die Präsidentin des Vereins vor, den Katzen Glöcklein umzubinden. Damit sollten die Vögel gewarnt werden.

Aus drei Gründen werde ich das niemals tun:
1. Eine Katzenglocke verstösst massiv gegen Chatzalpregel Nr. 1: Tue niemals etwas gegen den Willen deiner Katze.
2. Wo bitte bleibt die Würde des Tieres? – Tanzbären und Schimpansen mit Röckchen sind wir uns gewohnt. Ebenso die bedingungslose Unterwürfigkeit des Hundes. Aber Katzen mit Glöckchen? – Da kann man den edlen Jägern auch gleich ein Batman-Kostüm anziehen.
3. Katzen sind Schleichjäger. Das heisst: Sie bewegen sich lautlos oder verharren regungslos, bis die Beute in Reichweite ist. Daran ändert eine Glocke nichts. Jede Katze würde sofort lernen sich zu bewegen ohne dass die Glocke einen Laut von sich gibt. Oder mit anderen Worten: Hört ein Beutetier eine Katzenglocke ist es das Letzte was es hören wird in seinem Leben. Wenn der Vogel die Glocke hört ist er tot! Das hat auch der Vogelschutzverein begriffen.

Schluss mit Katzenkino: Zum Schutz der Vögel sind alle Vogelhäuschen weg.

Nun, einen Kompromiss bin ich doch eingegangen. Ich habe meinen Tieren das winterliche Vergnügen des Spatzenkinos genommen. Hinter dem Stubenfenster beobachteten die Katzen stundenlang, wie sich die Vögel um die Vogelhäuschen scharten. Jetzt gibt es auf Chatzalp keine Vogelhäuschen mehr. Und auch im tiefsten Winter füttere ich die Vögel nicht mehr. Obwohl ich ihr Gezwitscher liebe muss ich sie vergrämen. Was direkt zur Chatzalpregel Nr. 2 führt: Manchmal muss man etwas loslassen , das man liebt. Weil man es liebt.